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Nürnberg Blog im Interview

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Gestern wurde der Spieß der Frage- und Antwortstellung einmal umgedreht. Dieses mal war ich an der Reihe interviewt zu werden. Ihr werdet das Interview sicherlich gelesen haben. Falls nicht gibt es hier noch einmal den Link dazu: clubfans-united.de
 
Heute bin ich wieder dran. Die Betreiber des Nürnberg Blogs und Fanzines „clubfans-united“ standen mir Rede und Antwort.

 
Ich sprach mit Stefan Helmer und Alexander Endl.
 


 
Hallo Alexander, hallo Stefan! Erzählt uns ein bisschen zu eurem Blog. Wie lange gibt es ihn schon, wie seid ihr auf die Idee gekommen und wer steckt bei euch dahinter?

Das Blog in seiner jetzigen Form gibt es seit 2005, denn seitdem machen wir das zusammen – wir, das sind Stefan Helmer und Alexander Endl. Wir werden unterstützt von (zur Zeit) drei weiteren Autoren. Eine Historie gibt es aber bis ins Jahr 1995 zurück, da war es fast noch eine Art Pionier-Arbeit in Sachen “1. FC Nürnberg im Internet”. Mit dem Beginn des Blog-Zeitalters, spätestens aber mit Alexanders Einstieg 2005, hat sich das Ganze dann immer weiterentwickelt und heute sehen wir uns mehr als Fanmagazin im Blogstil als ein magaziniges Blog. Blog sind wir, weil uns der Austausch mit den Lesern in Form der Kommentare nach wie vor unglaublich wichtig ist, Magazin sind wir, weil erstens die meisten “draußen” noch immer mit dem Format “Blog” wenig anfangen können und zweitens der Anspruch eher in Richtung eines Magazins (oder Fanzines) geht – in Sinne von: Komplett-Berichterstattung zu allen relevanten Ereignissen rund um den 1. FC Nürnberg.

 


 
Bei mir gibt es leider noch keinen Kontakt zum VfL. Deute ich eure Frage richtig, dass es bei euch Kontakt zum Verein gibt?

Ja, den gibt es, sehr guten sogar. Wir haben uns schon immer darum bemüht die Nähe zum FCN zu suchen – zum einen seitens der Fanbetreuung (dazu haben wir sogar einen Offiziellen Fanclub gegründet, respektive wieder aufleben lassen, das aber nur am Rande), zum anderen aber eben auch als ‘Teil der Medien’ über die Pressestelle.

Glücklicherweise stieß unser Bestreben da beim FCN, vor allem mit Pressesprecherin Katharina Wildermuth, auf offene Ohren. Nach einer ersten Kontaktaufnahme ist die Zusammenarbeit über die Jahre immer offener und direkter geworden. Das ging soweit, dass Katharina Wildermuth uns bspw. auch auf eine Konferenz (re:publica’11, Berlin) begleitet hat, wo wir über Fans und Kommunikation am Podium u.a. auch mit Thomas Schneider von der DFL diskutierten. Dabei signalisierte sie auch noch einmal ganz ausdrücklich, wie wichtig dem FCN seine (schreibenden) Fans sind und man die Türen zum “Kreislauf der Kommunikation” für alle die öffnet, die sich ernsthaft darum bemühen.

 


 
Tradition wird bei euch extrem groß geschrieben, wie du uns berichtet hast. Viele Fans wollen sogar den alten Namen des Stadions zurück auf Kosten des Ausfalls von Investorengeldern.

Mal ganz ehrlich: Es klopft ein Großinvestor wie VW an eure Tür und bietet euch das gleiche starke Engagement wie bei uns. Was sagen die Nürnberger dazu? Geht die Tradition über alles, oder gibt es auch Eingeständnisse an den Wandel der Zeit?

Schwierige Frage die man nicht so einfach beantworten kann und vor allem nicht für alle Fans gleich. Auch hier gibt es Stimmen, die sich dem ‘Diktat des Kommerz’ längst beugen würden, würde sich nur ein Investor melden, Hauptsache die sportliche Perspektive passt. Daneben gibt es aber ganz gewichtige Stimmen, die – wie das Beispiel “Max-Morlock-Stadion” zeigt – auf Geld verzichten würden, um der Tradition zu huldigen. Wir möchten aber behaupten, dass die Basis des Vereins und seiner Fans eine sehr sachliche Einschätzung der Dinge haben und sich in elementaren Kernfragen gegen eine zunehmende Kommerzialisierung ausgesprochen und dies auch in den Strukturen des Vereins verankert haben. Wir haben wie kaum ein anderer Verein einen sehr starken und direkt gewählten Aufsichtsrat, der vor allem die Kernwerte – und das ist das Wesen “Verein” – bewahren und erhalten sollen.

Konkret zu Deiner Frage “Es klopft ein Großinvestor wie VW an eure Tür und bietet euch das gleiche starke Engagement wie bei uns.” müsste man also antworten: Es kommt auf den Preis an. Und damit ist nicht die Höhe des Engagements des Sponsors gemeint, sondern dessen Anspruch auf Einflussnahme. Eine Installation einer (im Wesentlichen durch den Sponsor initiierten) Führungsperson wie das mit Hotze passiert ist, wäre beim FCN gar nicht denkbar.

Die Frage ist also gar nicht so sehr, ob man der Versuchung erläge.

Wir sehen das im Grunde anders: Wir wünschen uns eine Rückbesinnung zu den Werten des Fußballs, wie er eigentlich war: Volkssport. Natürlich kann man das Rad nicht ganz zurückdrehen, aber wir sind entschieden für die 50+1 Regel, für ein strenges europaweites Financial Fair Play (FFP), für Regeln wie Salary Cap. Und dabei denken wir nicht nur romantisch, sondern einfach auch ganz nüchtern mit Blick auf das, was rauskommt, wenn man den Entwicklungen nicht Einhalt gebietet. Und dazu kann man gern nach Spanien oder besonders England schauen. Vereine als Spielball von Investoren, Zerstörung von Fankultur um besser vermarktbare Eventkultur zu schaffen – groteske Ausmaße der Überlegungen waren schon Heimspiele von Manchester United meistbietend auch mal nach Asien zu verkaufen.

Die weitere Öffnung zur Kommerzialisierung durch Großsponsoren bietet doch am Ende keine Verbesserung der Einzelnen, sondern nur eine Beschleunigung der Spirale. Würden wir “auch” so einen Konzern haben, wie dann vielleicht auch 20 andere Vereine, was wäre gewonnen, außer dass der “Irrsinn” in Sachen Spielergehälter und Rechte-Vermarktung noch mehr eskalieren würde?

Natürlich würden wir uns – und insoweit haben viele in Sachen VfL sogar Verständnis für das Engagement von VW – auch einen lokalen starken Partner wünschen, der auch eine regionale Beziehung zum Verein hat. Aber insgesamt wünschen wir uns doch kein Aufschließen zu anderen, sondern, dass Regeln geschaffen werden, in denen man als “normaler Fußball-Verein”, der sich dazu auch bekennt, im (nach wie vor so beschriebenen) Vereinsfußball auch weiterhin noch Chancen hat. Und ich glaube damit stehen wir vereinsübergreifend nicht alleine da.

 


 
Zum Spiel: Was sind eure Stärken momentan? Wie wollt ihr das Spiel bestreiten und den VfL besiegen?

Wir gehen mal davon aus, dass Hecking seine Mannschaft ähnlich wie gegen Mönchengladbach agieren lässt: Den Gegner kommen lassen und gut gegen den Ball arbeiten. Unser Spiel ist es, wie Hecking selbst noch mal gegenüber der Presse betonte, den Gegner in ein intensives Spiel zu verwickeln, defensiv wenig zuzulassen und dann nach vorne Nadelstiche zu setzen. Das waren bisher unsere Stärken und das hat bisher auch gut geklappt. Geraten wir in Rückstand, wird es problematisch, gehen wir aber in Führung, bspw. nach einer der gefährlichen Standards von Hlousek, wird es für den Gegner sehr schwer. Da Wolfsburg wohl ohne Überfallkommando a la Mainz kommt (dazu ist Magath einfach auch nicht der Typ), werden beide Mannschaften wohl das eine wie das andere möglichst lange zu vermeiden versuchen.

 


 
Umgekehrt: Du bist Trainer des gegnerischen Teams. Wie kann man Nürnberg knacken? Was sind eure Schwächen?

Unsere Schwäche ist es das Spiel zu machen. Das liegt uns nicht, das können wir nicht besonders gut und dazu fehlen uns schlicht und ergreifend auch die kreativen Spieler dafür. Selbst ‘in Führung gehen’ wäre also für den Gegner schon mal eine gute Idee. Vermeiden sollte man dagegen in Rückstand zu geraten – und dazu sollte man Standards in der eigenen Hälfte weitgehend vermeiden, da auch die kopfballstarken Innenverteidiger mit aufrücken. Und natürlich auch immer ein Auge auf Esswein haben.

 


 
Ein Blick nach Wolfsburg: Was genau ist es, was den Traditionsfan stört? Sei ruhig offen. Wir haben unsere Football-Schutzkleidung schon angezogen :)

Einfache Antwort in Worten: drei hundert fünfzig. Das ist nämlich angeblich die Zahl der Fans, die den VfL nach Nürnberg begleiten (und damit sogar schon eine Steigerung zum letzten Jahr…). Für einen Verein wie der 1. FC Nürnberg, der von und für seine Fans lebt und dafür auch seine Strukturen anpasst und ihnen weitreichende Mitspracherechte einbaut (allein 2 Vertreter aus dem Fanumfeld sitzen im Aufsichtsrat), ist eine Mannschaft, die keine große Fanbasis hinter sich hat (und Auswärts-Supporter sind dafür ein wichtiges Indiz), schon mal ein Dorn im Auge. Wenn dann noch so ein Verein aus Sponsoring-Interessen eines Unternehmens nach vorne gepusht wird und dabei andere Vereine verdrängt, schafft man sich keine Sympathien – mögen die aktuellen Regeln das nun erlauben oder auch nicht.

Wie bereits erwähnt: Wie wollen im Prinzip nicht “auch” viel Geld von einem Sponsor, wir wollen, dass solche Modelle generell (wenn nicht abgeschafft so doch) stark beschränkt werden, so dass wieder Waffengleichheit herrscht.

Worum geht es denn am Ende? Um Fußball als integrales Element der Gesellschaft oder um ein weiteres Show-Element im Unterhaltungsmix? Fußball soll dem Volk gehören und nicht den Interessen von Unternehmen und Rechtevermarktern. So naiv und romantisch es klingen mag: Dafür ist Fußball einfach zu wichtig, um ihn zu verkaufen.

 


 
Ein Wort zu Esswein: Wie macht sich der Alt-Wolfsburger bei euch?

Esswein ist sicher der Lichtblick und zwischenzeitlich Hoffnungsträger der Rückrunde. Gerade erst gestern ließ Hecking auf der Pk durchblicken, wie positiv Esswein sich nun gerade in den letzten Wochen noch mal entwickelt hat. Raus aus den Kinderschuhen und rein in den Profi-Fußball sozusagen. Talentiert sind viele, den großen Sprung schaffen aber nur wenige. Esswein scheint gerade drauf und dran dabei zu sein, diesen Schritt zu machen, und wäre dann mit seiner Veranlagung ein echter Knaller. Bei einem zweiten Talent warten wir noch auf solche Signale: Robbie Mak. Hecking ist da ein strenger Lehrmeister, zumindest Esswein scheint dies aber sehr gut zu bekommen.

 


 
Wo wirst du das Spiel verfolgen und welches Ergebnis tippst du?

Wir haben das Interview ja zusammen beantwortet, daher eine doppelte Antwort: Stefan wird live im Stadion dabei sein und tippt auf ein schnörkelloses 2:0, Alexander muss als Exil-Franke wieder vor dem TV-Monitor Platz nehmen und tippt ein 2:1. Reiner Optimismus? Nein, einfach ganz unser Credo, das sich irgendwann mal bei uns im Blog breit gemacht hat und mit dem schon einige auf T-Shirts durch die Gegend laufen: “Heimspiele gehören gewonnen.”

 
Vielen Dank für das Interview, liebe Grüße nach Nürnberg und auf ein gutes Spiel!
 
 

9 Kommentare

  1. Einen sehr guten Interviewpartner hast du da gefunden HuiBuh. Die ganze Aktion mit dem Doppelinterview an diesem Spieltag mit Nürnberg ist überhaupt eine richtig gute Aktion. Irgendein User hat es hier neulich schon mal gesagt: Durch solche Dinge kommen sich Vereine und Fans näher. Wahrscheinlich näher, als wenn der Verein irgendwas plumpes starten würde.

    Daumen hoch für deine Mühe und deinen Einsatz.

    Ich finde die Antworten von den beiden Nürnbergern sehr interessant. Wichtige Dinge werden hier diskutiert. Nur am Ende haben sich beide geirrt. Ein Heimsieg? Das wird wohl nichts ;)

    Ich tippe auf ein knappes und glückliches 2:1 für uns.

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  2. Das mit den Auswärtsfans ist natürlich ein Problem, auch für unseren Support. Aber einen Vorwurf kann man daraus nicht ableiten. Niemand kann etwas dafür, dass die Stadt so viel kleiner ist, als alle anderen Städte in der Bundesliga. Ein Wettbewerbsnachteil wenn man so will. Wenn noch mehr Zeit vergeht, und weitere Erfolge kommen, dann werden es auch mehr Auswärtsfahrer werden. Ich bin da optimistisch.

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  3. Ich freue mich, dass Esswein von Hecking gelobt wird und es zu schaffen scheint. Schade, dass er nicht mehr bei uns ist. Aber an diesem Fall sieht man wie es eigentlich mit Talenten laufen muss. Man muss ihnen Einsatzzeit geben, und muss ihnen auch Fehler zugestehen. Nur so können sie sich verbessern. Wer bei Magath einen Fehler macht landet gleich auf der Tribüne. Wer als Talent nicht nach drei Spielen einschlägt wird sofort in die 2. Mannschaft zurückgeschickt oder wird verliehen oder verkauft. Wir haben einfach zu viele Spieler.

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  4. Durch das „gegenseitige Befragen“ ist das Interview noch ehrlicher und authentischer als sonst, finde ich super!

    Die Nürnberger sind ehrlich,dass es sie stört,dass wir wenig Fans mitbringen, doch es ist eben wie es ist und ich finde das niemand sagen könnte das ein Wolfsburger ein leidenschaftsloserer Fan wäre als z.B. ein Dortmunder. Auch kann ein Fan nichts für das Engagement eines Sponsors, ich denke da gäbe es bei anderen Vereinen bei entsprechenden Angeboten gar keine Wahl.

    Alles in allem habe ich aber beide Interviews sehr interessiert gelesen, da freut man sich doch doppelt auf das Spiel heute!

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  5. Mir gefällt diese Art der Kommunikation vor einem Spiel auch sehr gut. Vielleicht könnte man häufiger so Doppelinterviews machen.
    Während des Spiels herrscht dann immer eine gewisse Rivalität zwischen den Fangruppen, und das ist auch gut so. Aber in ruhiger Atmosphäre kann man vor einem an so einer Stelle sehr gut gemeinsam über Dinge diskutieren, die einen Stören oder am Herzen liegen. So kann man vielleicht auch Vorurteile abbauen.

    Es ist so wie es Patrick sagt. Für viele Dinge kann man halt nichts. Wenn das die andere Seite erkennt ist schon viel gewonnen.
    So wie hoffentlich heute Nachmittag das Spiel von uns ;)

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  6. Ich bin gerade hin und her gerissen. Wenn ich mir die beiden Interviews durchlese, dann gefällt mir das auch. Es macht immer mehr Spaß, wenn man mit Niveau diskutiert. Nach den Interviews fühlte ich mich gerade gnädig gestimmt und habe mich aufs Spiel gefreut. Nun lese ich ein bisschen im Nürnbergforum auf tm.de und da kippt meine Stimmung gleich wieder. Da liest man wieder das niveaulose Gepöbel von wegen nur 350 Fans, scheiß Wolfsburg usw.
    Wenn man sich hingegen das vfl forum auf tm.de anschaut, dann wird von unserer Seite nicht so unsäglich rumgepöbelt. Wir sind zwar nicht so viele, dafür aber offenbar mit etwas mehr Niveau.

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  7. @ DrFrankenWolf Da kann man fast pauschal zustimmen. Sicher kann man von „ein paar“ nicht auf „Alle“ schliessen, dennoch ist es so, dass man zum größten Teil sagen kann, das unsere Fans vielleicht auswärts nicht so zahlreich erscheinen, doch sind – achtung jetzt kommts – „die meisten“ friedlich und freundlich. Auf sowas bin ich als Wolfsburger außerhalb Niedersachsens auch stolz.

    Zum Beispiel als Hoffenheim in Wolfsburg spielte, da kam sogar ein Dietmar Hopp. Der fährt auswärts sonst nirgendswo mehr mit. So sagte Babbel nach dem Spiel:

    „Er war ja schon unter der Woche bei uns in der Kabine. Und jetzt nach langer Zeit auch auswärts dabei, weil das Publikum hier in Wolfsburg sehr fair ist.“

    Soetwas liest man doch sehr selten über andere Vereine.

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    • Das hatte ich noch gar nicht gehört von Babbel. Aber eine sehr schöne Aussage. Da kann ich dir nur zustimmen.
      Hier wurden ja auch die 350 Auswärtsfahrer kritisiert im Interview.
      Vor dem TV wirkte es eben so, dass über weite Strecken die 350 Wolfsburger lauter zu hören waren als die Nürnberger.
      Wenn man zurückliegt vielleicht verständlich, aber dann soll man vorher nicht so lautstark unsere mitgereisten Fans angreifen, wenn man am Ende nicht dagegen halten kann oder will.

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