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Foto: Lenny Nero
Protestaktion in der Nordkurve beim Spiel gegen Bayern München.

TAZ-Ärger: Presserat gibt VfL Wolfsburg-Fans bei Beschwerde Recht

Niederlage für die TAZ vor dem Deutschen Presserat: Die Zeitung hatte Mitte Februar über die bevorstehenden Protestaktionen von VfL-Fans beim Spiel gegen Bayern München berichtet und den Wölfe-Anhängern dafür die „Gurke des Tages“ in der gleichnamigen Rubrik verliehen. Dabei hatte die TAZ – unter dem Denkmantel der Satire – alle VfL-Fans in einen nationalsozialistischen Kontext gerückt, was auch hier im Wolfs-Blog und im Wölferadio hohe Wellen geschlagen hatte. Mehrere VfL-Anhänger wollten das nicht auf sich beruhen lassen und legten Beschwerde gegen die TAZ vor dem Presserat ein. Dieser gibt den Wolfsburgern jetzt umfassend Recht.

Besonders für Aufregung hatten die TAZ-Formulierungen zum geplanten Schweige-Boykott von 19 Minuten und 45 Sekunden in Erinnerung ans Gründungsjahr gesorgt: Man schweige „vermutlich so, wie sie von 1933 bis 1945 geschwiegen haben. In Wolfsburg dauert ein Spiel immer 88 Minuten.“ Die 88 steht dabei für den besonders im Nazi-Jargon verwendeten Begriff „Heil Hitler“. Hier sieht jetzt auch der Deutsche Presserat deutlich eine rote Linie überschritten: Es sei klar, „dass die vom Autor gewählte Nazisymbolik die Satire bei weitem überschreitet. Es fehlt sowohl der aktuelle Anlass für die Wahl solcher Bezüge, als auch der Tatsachenbezug“, urteilte der Beschwerdeausschuss des Presserates. Eine Satire kippe allerdings, wenn es um Herabsetzung gehe und diese kollektive Diffamierung sei hier geschehen. Weiter heißt es: „Die Verallgemeinerungen in diesem Text schießen insgesamt über das Ziel hinaus und verlassen selbst die Grenzen der journalistischen Meinungsformen.“

Redaktion bedauert Eindruck

„Ich denke, es ist gut, dass der Presserat die Beschwerden der VfL-Fans ernst genommen und bewertet hat, auch wenn es fast vier Monate gedauert hat“, so Christian Vellmer, Wölfe-Anhänger und einer der Beschwerdeführer. Die TAZ hatte über ihre Rechtsabteilung argumentiert, man habe ironisch auf die Verbindung zwischen Wolfsburg-Schweigen-Erinnern-Naziherrschaft hinweisen und zum Nachdenken anregen wollen. Nicht beabsichtigt habe man dagegen, sämtliche Fans des VfL Wolfsburg mit Nazis gleichzusetzen. Sollte der Eindruck entstanden sei, „so bedauere die Redaktion dies“, so die Stellungnahme der TAZ Verlags- und Vertriebs GmbH.

Verstoß gegen Pressekodex

Der Presserat ist der TAZ-Argumentation jetzt aber nicht gefolgt und sieht einen Verstoß gegen den Pressekodex. Der Beschwerdeausschuss erteilt der Zeitung deshalb einen „Hinweis“ die journalistischen Grundsätze besser zu beachten (weitere Instrumente wären dann noch die Missbilligung und die Rüge). Christian Vellmer zeigt sich zufrieden mit der Entscheidung: „Es zeigt, dass wir VfL-Fans, die durchaus zu Selbstkritik fähig sind und uns auch mal selbst aufs Korn nehmen können, nicht alles gefallen lassen dürfen. Die Sätze der TAZ waren weit unter der Gürtellinie.“

KOMMENTAR von Lenny Nero

Auf den ersten Blick erscheint die Entscheidung des Presserates kaum Gewicht zu haben. Der TAZ wird zwar einmal mehr oder weniger öffentlichkeitswirksam auf die Finger geklopft, direkte Auswirkungen hat die Beschwerde allerdings nicht. Dennoch ist der Vorgang in mehrfacher Hinsicht wertvoll für uns Fans: Zum Einen sieht man, dass es sich immer lohnt gegen Ungerechtigkeiten und Diffamierungen zu kämpfen – vor allem, wenn sie so eindeutig sind wie in der TAZ. Zum Anderen ist jetzt auch mal vor einer namhaften Institution offiziell bestätigt worden, dass teilweise die Umgehensweise, Bewertung und Sicht auf den VfL Wolfsburg von einigen Medien nicht in Ordnung ist. Das sollten wir uns immer wieder in Erinnerung rufen, wenn man uns vorwirft zu sehr in der „Opferrolle“ zu verharren oder uns die herablassende Empfehlung gibt: „Stellt euch mal nicht so an!“. Es sind sicherlich nicht alle Medien böse zu unserem Verein, aber eben auch nicht jedes Medium anständig und gut – bei aller kritischen Distanz, die es geben muss, welche aber gerne mal über die Grenzen des Erträglichen ausgedehnt wird und sei es unter dem Denkmantel der Satire.

Hier die Erklärungen im Wortlaut:

BF_Entscheidung1

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11 Kommentare

  1. Gibt es dazu auch eine offizielle Meldung? Auf der Homepage des Presserates finde ich (noch) nichts!

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  2. Beachtlich und Danke an Alle, die sich gegen die TAZ und für uns Fans eingesetzt haben.
    :top:

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  3. Muldental Wölfin

    Ich habe mich auch via E-Mail bei der TAZ beschwert, weil ich es „unter aller Sau“ fand, so etwas zu schreiben. Ich bin ein sehr humorvoller Mensch und liebe Satire, aber das war unter der Gürtellinie. :vfl:

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  4. Wie kommt man überhaupt darauf, so einen Unsinn zu schreiben. Da fallen mir auf Anhieb locker ein dutzend Vereine ein, welche offensichtlich rechte Fans haben. Hauptsache mal wieder was dummes gegen den VFL schreiben, war wohl die Aufgabe des Autors.

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  5. Eine sehr gute Nachricht.
    Man darf sich nicht immer alles gefallen lassen, vielen dank an die Beschwerdeführer.

    Nichtsdestotrotz sollten wir Vfl Fans nicht bei jeder Pressemeldung die den Vfl in ein
    „ungünstiges“ Licht rückt gleich in ein kollektives Geheule verfallen.
    Rücken durch drücken, aufrecht gehen!

    Immer frei nach dem Motto „Was juckt es die Eiche, wenn sich die Wildsau an ihr scheuert.“

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  6. Unverständlich an dem Artikel war ja (zumindest für mich) das der NS Vorwurf eigentlich ohne jeden aktuellen Bezug hergestellt wurde (mir war zu dieser Zeit zumindest keiner bekannt) Ich glaube da mochte uns einfach ein TAZ Redakteur nicht.

    Von daher tolle Leistung dass das klar gestellt wurde!

    Nichtsdestotrotz kann ich nur jedem empfehlen trotzdem ab und zu (oder täglich) einen Blick in die TAZ zu werfen. (die Bild wird ja auch nicht boykottiert nur weil Blödsinn drin steht).

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  7. Anlässlich des 60 jährigen Jubiläums des Volkswagenwerkes im hessischen Baunatal (bei Kassel) wird der VfL Wolfsburg ein weiteres Testspiel seiner Vorbereitung gegen den dort ansässigen KSV Baunatal bestreiten. Anstoß ist am Dienstag, den 10. Juli um 17:30 im dortigen Parkstadion.

    https://www.vfl-wolfsburg.de/info/aktuelles/detailseite/artikel/60-jahre-volkswagen-in-baunatal-50469.html

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