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Gefrierbrand am Käsehobel

Das wird ja am Samstag im Sambazug ne Fahrt wie mit dem Traumschiff: nahezu sorgenfrei, sich einen reinorgeln bis das Deck geschrubbt werden muss und wo hoffentlich der Käptn den Durchblick behält, dass alle auch tatsächlich am Ziel ankommen. Zum Glück muss unsere Truppe gegen die Kölner nicht auch noch was holen außer sich vielleicht n Sonnenbrand. Sonst wär ich deutlich unentspannter. Gut, bei der Laufleistung in dieser Saison war ich weite Strecken schon froh, dass es keinen Gefrierbrand gesetzt hat. Eben weil es keine weiten Strecken waren. Teilweise hatte ich das Gefühl, dass meine Couch im Wohnzimmer nach nem Spiel mehr Kilometer auf der Uhr hatte als der VfL. Klar, jetzt kann man wieder kommen und sagen: nur laufen ist nicht alles. Das stimmt. Aber, um es mit dem großen österreichischen Philosophen Toni Polster zu sagen: „Das ist Wahnsinn! Da gibt es Spieler im Team, die laufen noch weniger als ich.“ Heißt, so n bisschen darf man symbolistisch daran zweifeln, ob alle alles reingeworfen haben. Dass wir die Champions League leichter hergeschenkt haben, als n 16-Jähriger seine Unschuld auf Klassenfahrt mit der Jahrgangsschönsten, da werde ich lang dran zu knabbern haben. Apropos geschmacklos: einige Auftritte waren gefühlt wie Heilbutt am Stil – wenig erwärmend, mitunter hölzern und am Ende mit der Frage verbunden: warum hab ich mir das denn jetzt angetan?

Epidermis mit Rückenpelz

Noch viel schlimmer ist aber die Frage: wieso sind wir denn jetzt eigentlich wieder nach nem Erfolg schneller abgerauscht als die Sympathiewerte vom Wendler? Zwei Trainer, gezwungener Umbruch im Winter, ne satte Mannschaft nach einem vierten Platz der Vorsaison (haben die Bayern über diesen Satz eigentlich schon ausgiebig gelacht?), 3er Kette, 4er Kette, öfter verloren als Stuttgart und Bielefeld? Ich hab keinen Plan. Was ich aber weiß ist, dass es einem echt schwer gemacht wird, sich mit so einer Darbietung immer wieder vor seinen Club zu stellen. Ein Grund: Dieses nervige Geseier von Medien und anderen Fans –  die „eigentlich kann Wolfsburg auch weg!“-Leier. Und du nach nem 0:5 zur Pause gegen Dortmund oder 6.000 Zuschauern beim Heimspiel (obwohl die doppelte Zahl zugelassen war) nicht mal die Kraft hast, dagegen zu argumentieren. Sogar die Eintracht steigt wohl auf. Gefühlt wird dir als VfL-Fan also in dieser Saison vorne mit dem Käsehobel die Epidermis gepflegt, während hinten einer mit dem Bunsenbrenner die Arschhaare abfackelt und sich langsam zum Rückenpelz hocharbeitet. Alles nicht tödlich, aber echt unangenehm. Und da wundert sich noch so mancher, wie da bei uns Euphorie, gute Laune oder n gutes Gefühl wachsen sollen. Klar, ich bin jetzt nicht davon ausgegangen, dass wir wieder mit Hurra in die Champions League marschieren. Zur Erinnerung: Wout hat Anfang der Saison noch von Meisterschaft erzählt. Da musste ich etwas Schmunzeln, aber mehr als Klassenerhalt am 31. Spieltag hatten sich viele dann wahrscheinlich doch versprochen. So wars wie n Kindergeburtstag, wo der Junior denkt, er kriegt ne PlayStation, macht die Packung auf und innen drin liegt aber nur n vergammeltes Mettbrötchen. Da hält sich die Freude und der Appetit auch in Grenzen.

Kümmerling im ICE

Wo wir grad beim Thema unangenehme Überraschung sind. Man macht sich ja so zwischen dem Morgen-Kümmerling und der Bloody Mary zum zweiten Frühstück seine Gedanken. Und ich hoffe inständig, dass nach so einer Saison nicht wieder zur Tagesordnung übergegangen wird. Ein „war ja nur ein Ausrutscher“ hatten wir zu oft in Wolfsburg. Nach dem Gesetz der Serie geht es nämlich erst nächstes Jahr richtig unten rein. Dieses Jahr war nur der mittelmäßige Absturz wie im ersten Jahr nach Meisterschaft und Pokal. Wird nicht reagiert, so ist zu befürchten, kommt das dicke Ende noch. Nächstes Jahr. Ich hab deswegen mal in ein paar Punkten überlegt, womit hatte der VfL eigentlich Erfolg in der Vergangenheit. Vielleicht könnte man das ja wiederbeleben?!

  1. Der VfL war immer dann erfolgreich, wenn die Mannschaft in der Vorbereitung massiv geknechtet wurde, um die Fitness-Grundlagen zu schaffen. Zumindest dann hatten wir mit Abstiegskampf nix zu tun. Das „Laufen-bis-sie-kotzen-Gelaber“ kann ich nicht ab, aber wenn ich hier noch mal Holland-Style „wir holen uns die Fitness übers Ballgeschiebe“ sehe, kommt mir die Frikandel hoch.
  2. Würde ich jedem Spieler, der hier sich nach einer guten Saison in der Premiere League, bei Bayern oder sonst wo wähnt, gern den Koffer zum ICE tragen. Solang wir kein Transferminus machen. Das Ganze würde ich auch ohne Rücksicht auf vermeintlichen Qualitätsverlust machen, denn der Schaden ist – siehe aktuell – wesentlich höher.
  3. Ich möchte einen klaren Spielstil sehen. Dazu gehört von der Grundphilosophie her ein „Verbot“ des Verwaltungsmodus. Nach dem 1:0 geht’s von der Einstellung her auf das 2:0 und auf das 3:0. Begründung: Erfahrungsgemäß haben wir mit dem Schritt weniger und der versuchten Spielkontrolle am Ende immer noch einen kassiert – zuletzt gegen Stuttgart. Es wird mal Zeit für was Anderes.
  4. Ein Spielsystem, das zur Mannschaft passt. Ich bin kein Fan der 3er-Kette, weil wir dieses Jahr kaum Chancen kreiert und sonst aber gleichzeitig kaum Stabilität hatten. Beides zusammen ist n GAU. Exkurs: Wann hat mal eine 3er-Kette in Wolfsburg funktioniert? 1998 mit Libero vielleicht noch… Und ja: Wir hatten auch unter Hecking Probleme in der 4er Kette Torchancen zu kreieren. Deshalb will ich nicht alles aufs System schieben. Trotzdem: Im Gesamtpaket, wenn du auch Fans mal begeistern willst, muss an dieser Stelle was passieren. Vor allem im Vorwärtsgang. Und da scheint sich die Mannschaft in der 4er-Kette besser zu fühlen…
  5. Um die Identifikation zu stärken würde ich mir wünschen, dass Spieler noch stärker in der Region Projekte oder Termine wahrnehmen. Durch das Verpassen von Europa dürften ja ein paar Zeitfenster frei geworden sein…

Florian Kohfeldt hat gesagt, nächste Saison hat man beim VfL was Großes vor. Ich hoffe, es ist nicht nur die Anpflanzung von weiteren Gemüsebeeten gemeint. Und ich wünsche mir so, so, so sehr, dass das klappt mit dem Großen. Oder wie Steffen Baumgart als VfL-Spieler schon sagte „Wir haben genug Potenz für die Bundesliga“. Wenn jetzt noch das Potenzial abgerufen, geht’s auch wieder aufwärts. Unaufhaltsam. Wie mit dem Promillespiegel am Samstag im Sambazug. Wir sehen uns.

In diesem Sinn: Bleibt geschmeidig.

19 Kommentare

  1. Herr Kohfeldt hat tatsächlich etwas Großes vor zur neuen Saison: Mount Magath erklimmen in der Vorbereitung.
    Täglich mit 20 Kilo Marschgepäck…
    :ironie:
    Wie immer, sehr schön geschrieben.
    Nur einen Punkt hast du ausgelassen:
    Trainer ?
    :grübel:

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  2. Bitte die Liste (Punkte 1 – 5) auf DIN A2 – Plakate drucken und an jede Tür in der Geschäftsstelle innen und außen hängen. Dazu als Bildschirmschoner auf jedem PC, Laptop etc. (auch im Homeoffice) installieren. Vielleicht setzt sich dann ja genug davon in den Gehirnen fest.

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  3. Wie paradox doch die Laufleistungsstatistik ist. Als Team auf dem letzten Platz, ca. 7 Prozent weniger als meine Lieblingsfrankfurter (fast ein Spieler aufs Jahr…) und in der Einzelstatistik steht Arnold ganz vorne, gut, mit einem Spiel mehr als der zweite, Losilla…

    Und genauso paradox finde ich die Weiße erste von Koen. Wir haben nur 11 S, 5 U und 16 N… Dazu ist er mit 65% Paradenquote weit hinter seinen Möglichkeiten geblieben…

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  4. "Um die Identifikation zu stärken würde ich mir wünschen, dass Spieler noch stärker in der Region Projekte oder Termine wahrnehmen. Durch das Verpassen von Europa dürften ja ein paar Zeitfenster frei geworden sein…"

    Super wichtiger Punkt. Über die Dörfer tingeln, Kontakt zu den Fans und zu den gern gesehenen "potentiellen" Fans. Das kann was bewirken, dass das Stadion dann vll wieder voller wird, die Leute etwas mehr Bindung zum Verein aufbauen und sich auch mal begeistern lassen oder auch mal bei schlechten Phasen mehr Rückendeckung bekommen.
    Finde ich elementar wichtig, den VfL wieder unfassbarer zu machen.

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    • Ich persönlich bezweifle etwas, das besuche von Spielern bei – ja wo eigentlich?) Wirklich Identifikation steigern oder mehr Leute ins Stadion zieht.
      Das kann ich nicht belegen, ist einfach so nen Gefühl.
      Bei vielen Clubs, auch eher kleinen, waren in den Letzten Spielen und in dieser Saison i9nsgemsamt mehr Leute bei dem Heimspielen als bei uns.

      Schicken Frankfurt, Augsburg oder Mainz ihre Spieler regelmäßig in Schulen, Firmen, Regionalen Vereinen?
      Ich denke nicht, dass dies übermäßig mehr der Fall ist als bei uns.

      Das mehr an Zuspruch, Euphorie und letztlich verkauften Tickets muss wo anders her rühren.

      Zuschauermäßig sind wir mit ca 10.000 im Schnitt auf platz17, vor Fürth und hinter Hoffenheim

      Augsburg Bochum,Bielfeld und Mainz haben mit ca 17.000 also 70% mehr.
      Das ist schon ne ganze menge mehr!

      Unser Bild bei Auswärtsspielen sieht eher noch bescheidener aus im Vergleich.
      Gründe wie Corona, Kein Support haben andere ja genu so gehabt.

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    • Letztlich schafft Stolz (auf den Verein) die meiste Identifikation, Das meiste Selbstbewusstsein das Trikot oder Merch auch mal außerhalb Wolfsburg im Urlaub zu tragen.

      Dieser Stolz wird wiederum letztlich durch den Erfolg und Sympathische( keine Glatten) Spieler getrieben.
      Wie Weghorst, Kruse, Arnold, etc

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    • Exilniedersachse

      Identifikation setzt erstmal Identität voraus. Wofür steht der VfL? Welche Art Fußball wollen wir spielen? Was wollen wir als Verein darstellen?

      Alle reden von Kontinuität und glauben es wäre damit getan einen Trainer dauerhaft zu halten. Absoluter Quatsch. Man muss sein System, seine Art haben und der Trainer muss da reinpassen. Irgendeinen Trainer in ein Vakuum werfen und hoffen über die Zeit löst sich das Problem hilft nichts.

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    • Kannst du sagen welchen Fußball Mainz, Augsburg und Freiburg spielen?
      Ich nicht, durch Taktik und Ausrichtung werden doch keine Fans begeistert oder generiert.

      Ob der Verein mit 3er oder 4er Kette erfolgreich ist, ist egal
      Wichtig ist der Erfolg

      Dieses generelle „ für welchen Fußball will man stehen“ oder „Handchsrift des Trainers“
      Ist in meinen Augen alles Schall und Rauch

      Fans suchen sich ihren Verein oder ihr Ticket nicht nach dem Spiel System aus. Sondern nach Erfolg und den Spielern die sie auf dem Rasen begeistern sollen

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    • Habe kürzlich in einem Podcast von Sport Inside vom generellen Problem des Zuschauerschwundes in der Bundesliga gehört. Oft wird es ja Vereinen wie uns vorgeworfen, wir sind schuld. Dann ist es Corona, aber der Trend war schon vor Corona zu bemerken, nicht nur bei uns, überall. Bei uns gibt es halt keine Breite die ein Gap, füllen kann. In anderen Vereinen ist das schon so, da fallen halt meinetwegen ein paar Gruppen weg, aber andere kommen dann dafür rein.

      Letztlich wurde auch in dem Podcast nach Handlungen gefragt die man tun kann um dem entgegenzuwirken.
      Da kommt die Basis-Arbeit ins Spiel. Es bringt keine Zuschauer mehr, wenn man in NewYork oder Peking ein Büro aufmacht.
      Es bringt aber was, wenn man in seinem Umfeld nahbarer und bemerkbarer wird. Damit meine ich nicht nur Spieler in die Schulen zu schicken, sondern auch wieder kleine Testspiele in der Umgebung zu machen.
      Genau diesen Ansatz will man auch in Frankfurt machen, weil man auch dort den Schwund bemerkt (man höre und staune), Axel Hellmann sprach davon dass man in der Gegend die Fans erreichen will und neue Fans generieren will.

      Könnt ihr euch an die Antrittsrunde von Kohfeldt erinnern? Da wurde es auch angesprochen, dass sich die Kinder in der Kurve auch mal abgeholt werden wollen, etc.

      Genauso ist es doch für ein Dorf in der Umgebung ein Highlight wenn der VfL vorbei kommt und mal ein Spiel macht mit einem Fan-Fest und vll ein guter Zweck als Erlösziel.

      Klar das ging alles nicht so in den letzten Jahren, aber ich glaube schon, dass man hier einen Effekt erzielen kann.

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    • @ti mo du lässt einen ganz wichtigen Punkt außer Acht: Wolfsburg und das Umfeld funktioniert anders. Da muss man einfach mehr dafür tun, um das zu erreichen, was anderswo selbstverständlich ist. Und dazu gehört eben auch, eine persönliche Verbindung zu schaffen.

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    • @Lapis

      Das ist der Punkt! Die Entwicklung der Zuschauer war bei allen Vereinen schon vor Corona Rückläufig! Dazu hat aber der DfB und die DfL stark beigetragen!

      Man hat versucht den Fan bis auf den letzten Cent zu melken! Nie war das Image der Nationalmannschaft so schlecht! Man hat den Fokus auf Promotion-Touren in Asien und Amerika gelegt, die Vereine folgten!

      Schlussendlich bekam man bei Länderspielen keine 30.000 Zuschauer mehr zusammen und wich in kleine Arenen wie Wolfsburg, Hoffenheim, Augsburg aus um ein volles Stadion zu sukzessieren!

      Dann kam Corona und zeigte, dass der Fan im Stadion auch gar nicht so wichtig ist sondern vielmehr die Quote vorm TV erfüllen soll! Wir, mit unserem kleinen Einzugsgebiet leiden sehr darunter.

      Man muss nicht alles auf den Kopf stellen aber Marketingstrategien wie grün-blau VfL tragen nicht zur Besserung bei!

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    • Ewald Linen hat in der letzten DoPa-Folge vieles sehr richtige gesagt. Wurde leider, als er ins Detail gehen wollte, immer unterbrochen – schrecklich!

      Unter anderem führt er auch an, dass das Übermaß an hihlight spielen dazu führt, das die Emitionalsierung nicht mehr s da ist.
      Gleiches sagte auch Hitzelsberger im Podcast "Apokalypse und Filterkaffe" (gern mal reinhöhren)
      Dem Stimme ich zu.

      Wirklich begeistert wird man mittlerweile eher, wenn Bochum die Bayern oder Dortmund schlägt. Oder sonstige Underdogs (Freiburg) Erfolg haben.
      Dieses Überaschungsmoment macht es aus.
      Nicht mehr so sehr ein Cl/EL Spiel des eigenen Clubs in der Vorrunde gegen Makabi Tel Aviv. Selbst wenn eben CL oder El drüber steht.

      Es gibt viel zu viel Fußball, es gibt keinen tag ohne Fusball in der Woche!
      Jede Woche dazu ein "Highlight" Spiel. Das nutzt sich einfach ab.

      Dann sagt man eben auch mal, wenn Wolfsburg-Augsburg spielt, "och naja, muss heute auch nicht sein, gehe ich nächste Woche eben wieder hin"
      Besonders dann, wenn die Saison bei uns so läuft wie sie gelaufen ist…

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  5. Die Abstimmung zur Trainerfrage wird langsam etwas eindeutiger. Es steht 60:40 nach 138 Antworten.

    https://imgur.com/gallery/8JX2NYw

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    • Ich bin jetzt erstmal auf einem Geburtstag. Ich versuche heute Abend noch ein Update zu veröffentlichen. Vielleicht schaffe ich es aber auch erst morgen.

      Bisher wurden 150 Stimmen abgegeben. Vielen Dank für eure Beteiligung.

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  6. Wie wurde der VfL meister?durch Kondition.Also Mou nt Magath drauf und runter jeden Tag

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